Link zur Verordnung über die Unfallverhütung (VUV)
Art. 11a VUV - Beizugspflicht des Arbeitgebers
- Der Arbeitgeber muss nach Absatz 2 Arbeitsärzte und andere Spezialisten der Arbeitssicherheit beiziehen, wenn es zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer und für ihre Sicherheit erforderlich ist.
- Die Beizugspflicht richtet sich namentlich nach:
a. dem Berufsunfall- und Berufskrankheitsrisiko, das sich aus vorhandenen statistischen Grundlagen sowie aus den Risikoanalysen ergibt;
b. der Anzahl der beschäftigten Personen und
c. dem für die Gewährleistung der Arbeitssicherheit im Betrieb erforderlichen Fachwissen. - Der Beizug von Spezialisten der Arbeitssicherheit entbindet den Arbeitgeber nicht von seiner Verantwortung für die Arbeitssicherheit.
Art. 11b VUV – Richtlinien über die Beizugspflicht
- Die Koordinationskommission nach Artikel 85 Absatz 2 des Gesetzes (Koordinationskommission) erlässt Richtlinien zu Artikel 11a Absätze 1 und 2.
- Werden vom Arbeitgeber die Richtlinien befolgt, so wird vermutet, dass er seiner Verpflichtung zum Beizug von Spezialisten der Arbeitssicherheit nachgekommen ist.
- Der Arbeitgeber kann auf andere Weise der Verpflichtung zum Beizug von Spezialisten der Arbeitssicherheit nachkommen, als dies die Richtlinien vorsehen, wenn er nachweist, dass der Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer und ihre Sicherheit gewährleistet ist.
Art. 11c VUV – Verfügung über die Beizugspflicht
- Kommt ein Arbeitgeber seiner Beizugspflicht nicht nach, kann das zuständige Durchführungsorgan nach den Artikeln 47-51 über die Beizugspflicht eine Verfügung nach Artikel 64 erlassen.
- Ist für die Verhütung von Berufsunfällen nicht dasselbe Durchführungsorgan zuständig wie für die Verhütung von Berufskrankheiten, so setzen sich die beiden Durchführungsorgane über den Erlass der Verfügung ins Einvernehmen.
Art. 11d27 VUV – Eignung der Spezialisten der Arbeitssicherheit
- Als Spezialisten der Arbeitssicherheit gelten:
a. Arbeitsärzte, Arbeitshygieniker, Sicherheitsingenieure und Sicherheitsfachleute, welche die Anforderungen der Verordnung vom 25. November 1996 über die Eignung der Spezialistinnen und Spezialisten der Arbeitssicherheit erfüllen oder
b. Personen, welche die eidgenössische Berufsprüfung nach der Prüfungsordnung vom 7. August 2017 über die Berufsprüfung für Spezialistin und Spezialist für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (ASGS) erfolgreich absolviert haben, in der Funktion als Sicherheitsfachleute - Der Nachweis einer ausreichenden Ausbildung gilt als erbracht, wenn:
a. der Arbeitgeber oder die betroffene Person Ausweise vorlegen kann über eine Grundausbildung und eine Weiterbildung, welche der Verordnung über die Eignung der Spezialistinnen und Spezialisten der Arbeitssicherheit entsprechen;
b. der Arbeitgeber oder die betroffene Person einen eidgenössischen Fachausweis Spezialistin und Spezialist für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (ASGS) vorlegen kann. - Können keine Ausweise nach Absatz 2 Buchstabe a oder b vorgelegt werden, muss der Arbeitgeber oder die betroffene Person nachweisen, dass die erworbene Ausbildung gleichwertig ist. In- und ausländische Grundausbildungen und Weiterbildungen gelten als gleichwertig, wenn ihr Niveau mindestens die Anforderungen der Verordnung über die Eignung der Spezialistinnen und Spezialisten der Arbeitssicherheit erfüllt
- Die Durchführungsorgane überprüfen die Eignung oder Nichteignung der Spezialisten der Arbeitssicherheit.
Art. 11dbis30 VUV – Verfügung über die Eignung der Spezialisten der Arbeitssicherheit
- Vor Erlass einer Verfügung müssen die Durchführungsorgane das Bundesamt und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) anhören.
- Die Verfügungen sind neben dem Arbeitgeber auch der betroffenen Person zu eröffnen und dem Bundesamt mitzuteilen. Die betroffene Person kann die gleichen Rechtsmittel ergreifen wie der Arbeitgeber.
Art. 11e VUV – Aufgaben der Spezialisten der Arbeitssicherheit
- Die Spezialisten der Arbeitssicherheit haben namentlich folgende Funktion:
a. Sie beurteilen in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber nach Anhörung der Arbeitnehmer oder ihrer Vertretung im Betrieb sowie der zuständigen Vorgesetzten die Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer;
b. sie beraten und orientieren den Arbeitgeber in Fragen der Arbeitssicherheit, insbesondere in Bezug auf:
1. die Massnahmen zur Behebung von Mängeln und zur Verminderung von Risiken,
2. die Beschaffung von neuen Einrichtungen und Arbeitsmitteln sowie die Einführung von neuen Arbeitsverfahren, Betriebsmitteln, Werkstoffen und chemischen Substanzen,
3. die Auswahl von Schutzeinrichtungen und von PSA,
4. die Instruktion der Arbeitnehmer über die Betriebsgefahren, denen sie ausgesetzt sind, und über die Benützung von Schutzeinrichtungen und PSA sowie andere zu treffende Massnahmen,
5. die Organisation der Ersten Hilfe, der medizinischen Notversorgung, der Bergung und der Brandbekämpfung
c. sie stehen den Arbeitnehmern oder ihrer Vertretung im Betrieb für Fragen der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zur Verfügung und beraten sie. - Die Arbeitsärzte nehmen die ärztlichen Untersuchungen vor, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Zudem können sie im Auftrag der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach den Artikeln 71-77 übernehmen.
- Der Arbeitgeber stimmt die Aufgabenbereiche der verschiedenen Spezialisten der Arbeitssicherheit in seinem Betrieb aufeinander ab und hält ihre Aufgaben und Kompetenzen nach Gewährung der Mitspracherechte im Sinne von Artikel 6a schriftlich fest.
Art. 11f VUV – Stellung der Spezialisten der Arbeitssicherheit im Betrieb
- Der Arbeitgeber muss die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Spezialisten der Arbeitssicherheit ihre Aufgaben erfüllen können. Die Spezialisten der Arbeitssicherheit müssen den Arbeitgeber über ihre Tätigkeiten orientieren und ihn über Kontakte zu den Durchführungsorganen auf dem Laufenden halten.
- Den Spezialisten der Arbeitssicherheit muss die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötige Unabhängigkeit eingeräumt werden. Aus der Erfüllung ihrer Aufgaben dürfen ihnen keine Nachteile erwachsen.
- Die Spezialisten der Arbeitssicherheit müssen direkten Zugang zu den Arbeitnehmern und den Arbeitsplätzen haben und in die für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Unterlagen des Arbeitgebers Einsicht nehmen können. Vor Entscheiden, welche die Arbeitssicherheit betreffen, namentlich vor Planungsentscheiden, muss der Arbeitgeber die Spezialisten beiziehen.
Art. 11g VUV – Stellung der Spezialisten der Arbeitssicherheit gegenüber den Durchführungsorganen
- Die Spezialisten der Arbeitssicherheit müssen dem zuständigen Durchführungsorgan auf Verlangen über ihre Tätigkeit Auskunft erteilen und ihre Unterlagen zur Einsicht vorlegen. Der Arbeitgeber ist darüber zu informieren.
- Die Spezialisten der Arbeitssicherheit können sich vom zuständigen Durchführungsorgan beraten und unterstützen lassen.
- Wenn eine unmittelbare und schwere Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer besteht und der Arbeitgeber sich weigert, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, müssen die Spezialisten der Arbeitssicherheit das zuständige Durchführungsorgan unverzüglich benachrichtigen.