Das Bundesamt für Umwelt hat kürzlich die Entwicklung von Klimarisiken hierzulande bis ins Jahr 2060 neu berechnet. Dabei nennt es die zunehmende Hitzebelastung als das grösste Risiko: Schon heute beeinträchtigen hohe Temperaturen das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Menschen. Der Klimawandel führt weltweit zu steigenden Temperaturen, häufigeren Hitzewellen und einer Zunahme von Hitzetagen; das sind – per Definition – Tage mit Temperaturen über 30 °C. Laut einer Studie der ETH Zürich wird das Klima in Zürich bis zum Jahr 2050 dem heutigen Klima von Mailand ähneln. Die Forschenden prognostizieren einen Anstieg der Höchsttemperaturen im wärmsten Monat um etwa 5,6 °C, was zu einer durchschnittlichen Jahresdurchschnittstemperaturerhöhung von 2,2 °C führen würde. Diese sich verändernden Gegebenheiten haben einen direkten Einfluss auf unser Wohlbefinden. Symptome einer Hitzebelastung zeigen sich in Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Konzentrations- und Kreislaufproblemen. Werden diese Warnzeichen ignoriert, kann es im Extremfall zu ernsthaften Gesundheitsgefahren wie Hitzeschlag und Dehydratation kommen.
Wer ist besonders gefährdet, wenn es um Arbeiten bei Hitze geht? Natürlich sind Menschen, die körperlich sehr belastende Tätigkeiten ausführen, am stärksten von heisser Witterung betroffen. Allerdings sind sich Unternehmen in diesen Branchen über die Umstände und Gefahren, denen sich ihre Mitarbeitenden aussetzen, tendenziell bewusster, was bei nicht ganz so schweren Tätigkeiten weniger üblich ist. Das Arbeiten im Freien – bei jeder Witterung – ist augenscheinlich eine grosse Herausforderung. Zwischen 11 und 15 Uhr erreicht die UV-Strahlung der Sonne ihre höchsten Werte, beim Ozon ist das zwischen 16 und 18 Uhr der Fall. Sich vor der Sonne zu schützen ist, wenn immer möglich, empfehlenswert. Aber auch das Arbeitsklima in schlecht belüfteten Räumen erhöht das Gesundheitsrisiko bei grosser Hitze. Wenn Schutzkleidung vonnöten ist, staut sich die Wärme umso stärker, da eine sehr geringe Luftzirkulation besteht. Auch das Gewicht der Kleidung erhöht die körperliche Belastung. Technische Geräte, die zur Ausübung einer Tätigkeit gebraucht werden, strahlen häufig weitere Wärme ab und können schwer sein. Neben den Arbeitsbedingungen, die unter Augenschein genommen werden müssen, heisst es auch, besonders gefährdete Personen als Teil einer Risikogruppe zu identifizieren: Ältere Mitarbeitende, schwangere oder stillende Mütter und Menschen, die Vorerkrankungen mitbringen, sind von den Auswirkungen der Hitze am stärksten betroffen. Auch die körperliche Fitness einer Person hat einen Einfluss darauf, wie gut ein Organismus mit dem körperlichen Stress der Klimabelastung umgehen kann.
Grundsätzlich muss unterschieden werden, ob die eigene Tätigkeit vornehmlich einen Aufenthalt im Freien oder in Gebäuden verlangt. Speziell draussen ist angemessene, wenn möglich leichte, aber schützende Kleidung – mit Kopfbedeckung – und Sonnenschutz wichtig. Dieser sollte alle zwei Stunden aufgetragen werden und mindestens einen Schutzfaktor 30 haben. Beim Arbeiten in Innenräumen muss speziell auf die Lüftung, eine Form von Klimatisierung respektive den baulichen Hitzeschutz geachtet werden. Viele Massnahmen für das Arbeiten draussen können «indoor» adaptiert übernommen werden:
Für weitere Informationen und eine Sensibilisierung der Mitarbeitenden helfen Infobroschüren von Apotheken oder Gemeinden. Die Gesundheitsförderung Schweiz stellt ein Factsheet zur Verfügung, welches die wichtigsten Informationen und Handlungsanweisungen beinhaltet. Das BAG bietet PDFs für Flyer und Plakate an, welche kostenlos runtergeladen werden können. Und auch das SECO informiert auf seiner Website umfassend zum Thema Arbeiten im Sommer – bei Sonne und Hitze. Dort können Merkblätter und editierbare Massnahmenpläne heruntergeladen oder auch rechtliche Aspekte in Erfahrung gebracht werden. Dabei wird realitätsnah und pragmatisch argumentiert, so beispielsweise zum Schwellenwert, wann gewisse Massnahmen für Büroarbeiten angezeigt sind: «Die Auslösetemperaturen können individuell vom Betrieb für die Arbeitsbedingungen am jeweiligen Arbeitsplatz festgelegt werden. Der Betrieb kann sich dabei auf das Beurteilungshilfsmittel ‹Büroarbeit bei Hitze› stützen. Die im Massnahmenplan angegebenen Temperaturschwellenwerte sind für das SECO nicht bindend und entbinden die Unternehmen nicht von ihrer allgemeinen Verantwortung für den Gesundheitsschutz und die Prävention von Berufskrankheiten.»
Das SECO unterstützt zudem mit einer FAQ-Sektion, wo etwa auf die Frage eingegangen wird, die sich Mitarbeitende an heissen Tagen gerne stellen: «Sind Arbeitgebende in der Schweiz dazu verpflichtet, eine Klimaanlage zu installieren?» Kurzantwort: Per se – nein.
Immer wieder werden Vorgesetzte angehalten, ihr Team an das eigenverantwortliche Erkennen und Melden von Symptomen zu erinnern. Nichtsdestotrotz haben Arbeitgebende ihrer gesetzlichen Fürsorgepflicht (Art. 328 OR) und dem Gesundheitsschutz (Art. 6 ArG) ihrer Mitarbeitenden Rechnung zu tragen und den oben genannten Leitfäden behördlicher Gremien und Gesundheitsorganisationen nachzukommen. Dazu zählen auch der «Schutz besonderer Gruppen» und die «Unfallverhütung». Die Suva bietet auf ihrer Website eine umfassende Checkliste an, die Führungskräfte in diesem Bestreben unterstützen soll.
Hitzearbeit? Schützen Sie Ihre Mitarbeitenden gezielt!
Arbeiten Ihre Mitarbeitenden regelmässig unter hoher Wärmebelastung – z. B. auf dem Bau oder in der Industrie? Unsere medizinischen Vorsorge-Untersuchungen für Hitzearbeit helfen, gesundheitliche Risiken frühzeitig zu erkennen und die Arbeitsfähigkeit langfristig zu sichern (Arbeitsmedizinische Vorsorge nach EKAS-Richtline 6508)
Der Sommer bringt nicht nur Badewetter in der Freizeit, sondern auch körperliche Belastungen am Arbeitsplatz mit sich. Es braucht einen achtsamen Umgang mit sich selbst, wenn uns von einem Tag auf den anderen ein Hitzetag heimsucht. Dies beinhaltet ein genügend grosses Know-how zum Thema und nützliche Vorbereitungen, um sinnvolle und zeitnahe Anpassungen am Arbeitsplatz vornehmen zu können. Dabei stehen alle in der Verantwortung. Institutionell werden Arbeitgebende und Arbeitnehmende reichlich mit Informationen und Hilfsmitteln versorgt: BAG, Suva und SECO geben fundiertes Wissen weiter, um sich eingehend mit dem Thema im eigenen Unternehmen auseinanderzusetzen. Umsicht lohnt sich, denn verantwortungsvolles Handeln schützt Gesundheit, Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Produktivität am Arbeitsplatz.
Dr. med. Daniel Schröpfer, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin
Daniel Schröpfer ist Chief Medical Officer bei HMS und Facharzt Allgemeine Innere Medizin mit interdisziplinärem Schwerpunkt Psychosomatische und Psychosoziale Medizin (SAPPM).